Kann ich das bei mir pflanzen oder ist es zu kalt?

Neue Winterhärtezonen in Europa Elena Wulff und Jürgen Bouillon

Unsere Region ist gelb eingezeichnet, das bedeutet Härtezone 7b und als tiefste Wintertemperatur -15°C

Bananen, Palmen, Zistrosen, Kamelien, Kalla bei uns im Freien und das im Winter? Ein inzwischen verstorbener Freund aus Offenbach/Main erzählte mir, dass sein Lehrer 1938 extra mit der ganzen Schulklasse zum Büsingpalais lief, um den Schülern einen Feigenbaum zu zeigen. Inzwischen steht fast in jedem zweiten Offenbacher Garten einer. Meine Freundin in Linden hat einen, der Jahr für Jahr so viel trägt, dass damit der halbe Bekanntenkreis versorgt werden kann. In Bieber wachsen seit einigen Jahren Bananen, die in diesem Jahr stattliche 5m hoch wurden und erstmals Früchte trugen. Dass sich das Klima ändert, ist fast schon eine Binsenweisheit. Elena Wulff und Jürgen Bouillon übertrugen viele Temperaturdaten in eine Karte und korrigierten damit die bei Botanikern, Gärtnern und Landwirten bekannte Winterhärtetabelle. Die vorliegende Arbeit stellt eine mit einem Geoinformationssystem (GIS) erstellte neue Winterhärtezonenkarte für Europa mit der aktuellen Referenzperiode 1991–2020 vor, die erstmals ganz Europa in Halbzonen unterteilt und im Bearbeitungsgebiet mesoklimatische*2) Effekte berücksichtigt. Dazu wurden Daten von 11.814 Wetterstationen verwendet.*1)

Winter Hardiness Zone Map Central Europe 2020 © 2024 by Elena Wulff & Jürgen Bouillon is licensed under CC BY-SA 4.0

Man sieht, dass mittlerweile sogar die Gegend um Berlin herum kaum kälter wird, wo von früher immer noch recht harte Winter erinnert werden. Und die Winterhärtezone 8a, die es früher fast nur am Kaiserstuhl gab, zieht sich mittlerweile über den gesamten Nordwesten. Im Köln-Düsseldorfer Raum sinkt die Temperatur nicht mehr unter -10°C.
Allerdings muss man berücksichtigen, dass manche Pflanzen nicht erfrieren, sondern vertrocknen, wenn sie zu stark dem Wind ausgesetzt sind. Oder das Gegenteil ist der Fall: Nässe können viele gar nicht leiden. Da schützt man den Wurzelraum mit schräg gestelltem Schilf, vom dem das Wasser ablaufen kann oder macht schon beim Pflanzen eine gute Drainage.

Ich würde aber auch jetzt noch nicht einfach “drauf los pflanzen”. Das Kleinklima im eigenen Garten spielt ebenfalls eine Rolle. Und manche der ersehnten Pflanzen brauchen vielleicht gerade im Sommer eine hohe Luftfeuchtigkeit. Eine gelbe Mimose, die ich gerne hätte, ist immer noch dem Wintergarten oder Gewächshaus vorbehalten. Eine nahe Verwandte, die im Sommer mit filigranem Laub und rosa Puschelblüten auffällt, kann man aber pflanzen. Es ist der Seidenbaum = Albizia julibrissin. Bei der Baumschule Horstmann wird sogar unter Eingabe der Postleitzahl die Eignung für den Wohnort angegeben.

*1) ddg-web.de/whz
ddg = Deutsche dendrologische Gesellschaft, Dendrologie = Baum-, Gehölzkunde

*2) Deutscher Wetterdienst, Wetter- und Klimalexikon

Alle Graphiken in diesem Artikel dürfen unter https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de verwendet werden.

Foto des Seidenbaumes: lubera.com

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