Kein Erbsenzählen

Drei Erbsensorten: `Frühe Heinrich´ wird noch regulär gehandelt (zugelassene Sorte); die Kronenerbse und die Markerbse Vatikangarten
sind nur über Erhalterorganisationen wie den VEN erhältlich.

Als Karl Baedeker 1847 dabei beobachtet wurde, wie er getrocknete Erbsen von seiner Westen- in seine Hosentasche umsteckte, verpasste ihn sein Bekannter Freiherr Gisbert von Vincke kurzerhand den Spitznamen „Erbsenzähler“. Der hatte nämlich mitbekommen, dass Baedeker bei jeder 20. Stufe des Mailänder Doms eine Erbse die Tasche wechseln liess. Oben angekommen zählte Baedeker die Erbsen in der Hosentasche, multiplizierte sie mit 20 und addierte noch die restlichen Stufen dazu. Heraus kam die Stufenzahl des Doms als Information für seinen neuen Italien-Reiseführer. *)

Ich habe meine Erbsen nicht gezählt – obwohl das zur Bestimmung des Tausend-Korn-Gewichtes nötig wäre – sondern nur gewogen. Und dabei wollte ich herausfinden, wie hoch der Ertrag pro Reihe war.

von links oben nach rechts unten, Samenertrag auf 3m Reihenlänge:
1. Ostfriesische Felderbse = 640g 2. PIS 168 Alte Landsorte = 610g
3. Carouby de Moussane alte französische Zuckererbse = 380g 4. Frühe Heinrich = 350g
5. Engels Sabel dänische Zuckererbse = 300g
Kantige Samenkörner deuten auf eine Markerbse, runde auf Palerbsen; bei Zuckererbsen unterscheidet man in Zucker-Markerbsen und Zucker-Palerbsen. Beim Verzehr mit Hülsen fehlt die “Pergamenthaut” innen auf den Hülsen (=Fruchtblätter). Deshalb liegt sie auch eng auf den Körnern an.

Bei der `Frühe Heinrich´sieht man ein Loch. Es wurde verursacht durch den Erbsenkäfer. Die weiblichen Käfer legen an den noch kleinen Hülsen der verblühten Erbsenpflanze bis zu 400 nur 0,6 mm große Eier einzeln ab. Nach ca. zehn Tagen schlüpfen aus den Eiern Junglarven, die die Hülsenwand unmittelbar durch und in einen Erbsensamen eindringen. In jedem Erbsensamen kann sich nur jeweils ein Käfer entwickeln.
Die Larvenentwicklungszeit nimmt etwa 1-2 Monate, das darauffolgende Puppenstadium circa zehn
Tage in Anspruch. Noch im Herbst schlüpfen aus den Puppenstadien Jungkäfer, die zum großen Teil
bewegungslos in den gelagerten Samen überwintern und diesen dann im Frühjahr verlassen.
Nahrung/Schadwirkung
Im darauffolgenden Frühjahr verlässt der wärmeliebende Käfer den Schutz des gelagerten Erbsensamens und sucht im Freiland zu Beginn der Vegetationsperiode Erbsenpflanzen auf. Er ernährt sich
von (Erbsen-)Blütenpollen und Blumenblättern.
Befallene Erbsensamen weisen kreisrunde, durchscheinend graue, nur von der Samenhaut bedeckte
sog. Fensterchen oder die bereits geöffneten Schlupflöcher auf. Gesundheitsamt-bw. Erbsenkaefer_Information.pdf

Damit das Saatgut käferfrei wird, habe ich die Samen erst mal eingefroren – 3 Tage reichen aus. Die Keimfähigkeit wird dadurch nicht beeinträchtigt.


2 Palerbsen
links Dwarf Grey Sugar, rechts PIS 168

Links nur Zuckermarkerbsen: die lange Hülse ist die Carouby de Moussane , die wirklich sehr lecker schmeckt. Daneben die Zuckererbse Shiraz mit lila Hülse, was sonst nur bei Palerbsen vorkommt.

Bei einzelnen Sorten hatten wir teilweise ganz wenige Pflanzen. Da war die Petersilienerbse bemerkenswert. 5 Pflanzen ergaben 101g Samen. Diese Pflanze verblüfft nicht nur durch ihre petersilienähnlichen Blätter, sondern auch dadurch, dass sie kaum höher als 30cm wird. Auch die übrigen “Kleinen” konnten durchaus mithalten. Wir hatten den Schnabelzwerg, Allerfrüheste Mai, Frühe Niedrige Volltragende, Sugar Bon und Dwarf Grey Sugar. Das bedeutet, dass Leute, die nur Balkon oder Terrasse zum Gärtnern haben, auch auf die leckeren frischen Erbsen nicht verzichten müssen. Aber bitte in tiefe Töpfe säen, nicht in flache Balkonkästen!

Links Petersilienerbse, Mitte Kronenerbse, rechts Naunheimer Felderbse

Sehr gut gefällt mir persönlich die Markerbse Vatikangarten (siehe Foto unten). Der VEN hat ein Mitglied in der Toscana. Die Dame hat im Laufe von Jahrzehnten ungeheuer viel Saatgut gesammelt; und da war dann auch mal eine Erbsensorte aus dem Vatikan dabei. Als Pflanze ist sie nicht so spektakular, aber die Samen haben eine besondere Färbung. Wie sie schmeckt, weiß ich bisher nicht, denn im vergangenen Jahr war lediglich eine Pflanze gekeimt. Ein typischer Fall, dass man oft erst über einige Jahre einen Saatgutbestand aufbauen muss, bevor man “die Früchte der Arbeit genießen” kann.

Niedrige Sorten

Hohe Sorten

Natürlich kann man noch viel, viel mehr über Erbsen schreiben. Aber das Ausprobieren ist am besten.
Am Sonntag den 25. August werde ich einen Saatgut- und Pflanzenstand in Wismar auf dem Gelände der Kunst- und Kulturinitiative =Kukuk haben. Dort können Sie aus diesen Erbsensorten Ihr Saatgut auswählen, und Beratung gibt es obendrein.

Fotos: Eveline Renell