Das Moor auf unserem Dach

Pflegeleicht, versiegelte Fläche, CO²-Bindung;
Im Januar ist Zeit zur Gartenplanung

Die Fichte kam als Samen angeflogen, irgendwann wird sie zu groß

Anlass dieses Erfahrungsberichtes ist der Artikel im Gießener Anzeiger vom 27. Januar 2022
“Millionen für die Rückkehr der Moore”
……..”Global gesehen sind Moore die wichtigsten Kohlenstoffspeicher, da kommen Wälder nicht hinterher”, sagt der Moorexperte der Umweltorganisation NaBU, Tom Kirschey

Viele Hausbesitzer, die mit dem Haus ungewollt zu einem Garten gekommen sind, wünschen sich vor allem eines: Pflegeleicht muss er sein! Dazu wurden – auch in Biebertal, schon eine Vielzahl von Flächen vorm und um das Haus herum versiegelt bzw. mit grauem oder schwarzem Schotter befüllt. Nach einigen Jahren wächst dennoch Unkraut. Aber es lässt sich schwerer beseitigen als im Garten mit normalem Boden. Dafür hat man dann Tausende von €uro ausgegeben! Wer den versiegelten Garten inzwischen bereut, hat mit der Anlage eines kleinen Moores eine prima Alternative.

Wie kamen wir zu unserem Moor? Als Kind haben wir beide in Norddeutschland gewohnt, wo es damals noch viele Moore gab. Winfried musste 1976 sein Haus mit Flachdach bauen. Mittlerweile war es zum Teil undicht und musste saniert werden. Ich hatte einige Jahre zuvor in Holland einen Wettbewerb von Gartenbau-Architekten gesehen, bei dem die Mini-Gärten auf Torfziegeln gebaut waren. Im nördlichen Niedersachsen fuhren wir an noch arbeitenden Torfwerken vorbei und fragten spontan nach Torfsoden. Die mussten wir uns aus dem – für den Gartenbau – geschredderten Torfmull heraussuchen. Mit zwei großen Kartons voll fuhren wir wieder heim. Einige Zeit später war die erste Fläche des Daches dicht, und der Moor-Aufbau konnte beginnen (2012).

Im ersten Herbst nach der Anlage
Zwischen den Soden sind freie Wassrflächen

Baumaßnahmen: 1. Das Dach wurde mit Dachpappe, Teer und darüber Dachfolie abgedichtet und ein 15cm hoher Rand aufgebaut. 2. Auf der Fläche wurden die Torfsoden so verteilt, dass Ränder und freie Flächen entstehen. 3. In die Freiflächen zwischen den Torfsoden wurden Pflanzen eingefügt. 4. Eine stetige Bewässerung erfolgt durch Verbindung mit einem Regenwasserbassin. Der Automat ist in dem hohlen Korkstamm versteckt (Zufallsfindling in der Provence)

Ausgewählte Pflanzen: Vor allem musste ich Wollgräser pflanzen, weil mein Mann der Ansicht war, ich hätte seine am Teich herausgerissen. In Wirklichkeit sind sie eingegangen, weil es dort inzwischen zu schattig war. Dann kam die von mir sehr geliebte Glockenheide hinzu und etwas Heidekraut, das richtig blüht. Beides bekommt man nur in Fachgärtnereien. Außerdem pflanzte ich einen Gagelstrauch.

2. Jahr Sommer: Preiselbeere und Scheidiges Wollgras
3. Jahr Herbst Im Hintergrund rot die seltene Sumpfrose, vorne guckt die Salweide heraus.


Pflegemaßnahmen: Im Jahr nach der Anlage keimten unzählige Birken auf den Torfsoden. Ich habe auf den knapp 4m² an die 300 Stück herausgezogen. Im 2. Jahr waren es bedeutend weniger, danach kamen sie nur ganz vereinzelt. Eine Weide hat sich angesiedelt, und ich ließ sie stehen. Da es sich um einen Großbaum (Salweide, Salix caprea) handelt, muss sie jährlich rigoros zurück geschnitten werden – wie Buchsbaumkugeln. Schon im 4. Jahr musste ich dem Gagelstrauch (Myrica gale) zu Leibe rücken. So schön er ist und wieviel Lebensraum er auch für diverse Insekten bietet: Auf so eine kleine Fläche gehört er nicht. Die Heidekräuter bekommen im Mai einen Kurzhaarschnitt.

Pflanzenentwicklung: Alle Arten von Heidekräutern (Calluna vulgaris, Erica tetralix) entwickelten sich prächtig. Die Walisische Heide (Daboecia cantabrica), die es im Herbst zu kaufen gibt, hat sich in weiß und rot üppig ausgesät. Ab dem 3. Jahr keimten auch Farne und Moose, die unbedingt in ein Moor gehören. Die Sumpfrose kaufte ich im Palmengarten 2015. Bis dahin wusste ich nichts von ihrer Existenz: Anfangs befürchtete ich, das Schmalblättrige Wollgras (Eryophorum angustifolium) würde die ganze Fläche übernehmen. Aber eines Tages (um 2018) waren alle drei Wollgrasarten verschwunden. Inzwischen sieht man kaum noch Torfsoden, die Fläche ist ziemlich mit Heidekräutern zugewachsen, wie es auch in der Natur sehr verbreitet ist.

Sumpfrose (Rosa palustris), Blüte Juni mit leichter Nachblüte bis Herbst

Und jetzt gehe ich mal ganz kurz weg von unserem Moor. Es gibt auch wunderschöne Exoten für diesen Lebensraum. Bei den abgebildeten Beispielen handelt es sich um Insekten fressende Pflanzen.

Kannenpflanzen, hier Sarracenia flava
Sarracenia pourpurea mit Blütenständen

Und zehn Jahre nach der Anlage? Wir haben soviel Freude an dem kleinen Moor, dass wir die Fläche unbedingt erweitern möchten. Man braucht nur 1-2cm Wasserstand aus Regenwasser, und die Fläche muss in der Sonne liegen.

Quellen: wikipedia.org/wiki/Gagelstrauch;
Einkauf: Erichmaier.de/insektivoren.html
Fotos: Eveline Renell